Ein guter Dialog lebt davon, dass er sich für den Leser „echt“ anfühlt und gleichzeitig den Lesefluss trägt. Realismus allein reicht nicht – literarische Dialoge müssen gezielt gestaltet werden, um sowohl authentisch als auch funktional zu sein. Sie sollten den Charakter einer Figur widerspiegeln, Emotionen transportieren und die Handlung voranbringen.
In diesem Teil geht es darum, wie man Dialoge so gestaltet, dass sie im Kopf der Leser klingen, als stünden sie mitten im Gespräch.
1. Sprache an Figur und Kontext anpassen
Jede Figur sollte so sprechen, wie es zu ihrem Alter, ihrer Herkunft, ihrem Bildungsgrad, ihrem Beruf und ihrer Persönlichkeit passt.
- Beispiel:
- Ein pensionierter Professor wird sich anders ausdrücken als ein Teenager aus einer Großstadt.
- Ein Arzt im Krankenhaus spricht anders mit Kollegen als mit einem Patienten.
Tipp: Erstelle für jede Figur ein kleines Sprachprofil – bevorzugte Wörter, Sprechtempo, Redewendungen.
2. Rhythmus und Pausen nutzen
Dialog ist Musik – Tempo und Pausen beeinflussen den Eindruck:
- Kurze Sätze und schnelle Reaktionen erzeugen Dynamik oder Spannung.
- Längere Sätze mit Pausen wirken nachdenklich oder emotional geladen.
Beispiel:
„Geh.“
„Warum?“
„Weil… ich’s nicht ertrage.“
Die Pausen laden den Dialog emotional auf, ohne dass viel erklärt werden muss.
3. Subtext einbauen
Manchmal ist das Wichtigste nicht das, was gesagt wird, sondern das, was unausgesprochen bleibt. Subtext macht Dialoge vielschichtiger.
- Beispiel ohne Subtext: „Ich bin wütend auf dich.“
- Beispiel mit Subtext: „Schön, dass du es diesmal pünktlich geschafft hast.“ – Der Tonfall und die Betonung sagen mehr als die Worte.
Subtext lässt Leser zwischen den Zeilen lesen und steigert ihre emotionale Beteiligung.
4. Gestik und Mimik einbeziehen
Ein Dialog gewinnt, wenn er nicht nur aus Worten besteht. Körpersprache kann eine Aussage verstärken, abschwächen oder sogar ihr Gegenteil signalisieren.
- Beispiel: „Mir geht’s gut“, sagte sie, während sie am Ärmel zupfte und den Blick abwandte.
Solche Details machen die Szene plastisch und vermitteln Emotionen ohne erklärende Zusätze.
5. Show, don’t tell im Dialog
Statt Gefühle direkt zu benennen („Ich bin traurig“), besser Situationen und Reaktionen zeigen, die diese Gefühle vermitteln.
- Beispiel:
- Tell: „Ich bin nervös.“
- Show: „Er tippte mit dem Fuß, seine Hände verkrampften sich um die Kaffeetasse.“
Fazit
Realistische und lebendige Dialoge entstehen, wenn Sprache, Rhythmus, Subtext und Körpersprache zusammenwirken. Sie lassen die Leser nicht nur hören, was gesagt wird, sondern auch fühlen, was unausgesprochen bleibt. So werden Dialoge zum Herzschlag einer Szene – und Figuren wirken, als könnten sie direkt aus dem Buch treten.